Auf schmalem Grat

2022-09-09 21:20:17 By : Mr. Scott Hsu

Wo Hoch- und Höchstspannung anliegt, kommt es auf jedes Detail an. So müssen Gussgrate an Isolatoren sorgfältig entfernt werden – bisher in Handarbeit. Eine Anlage der Sondermaschinenfirma Potzi automatisiert jetzt diesen Prozess weitestgehend. Dabei decken Antriebslösungen von SEW-Eurodrive ein breites Anwendungsspektrum ab.

Wenn bei Trench Germany in Bamberg, einer Tochtergesellschaft von Siemens Energy, die Isolatoren aus eigener Fertigung bewegt werden, ist schweres Gerät notwendig. Die größten Exemplare sind mehr als viereinhalb Meter hoch und wiegen trotz ihrer Konstruktion aus leichtem GFK-Verbundwerkstoff mehrere Hundert Kilogramm.

Das Rohr eines solchen Isolators ist mit einer Rippenstruktur aus Silikon ummantelt, die im Spritzgussverfahren aufgebracht wird. Dabei verbleiben Grate an der Silikonhülle, die aus Gründen der Funktionssicherheit entfernt werden müssen. Das war bisher ein mühsamer Prozess, der die Werker stundenlang beschäftigte: Sie fuhren jede einzelne Silikonrippe an den Nahtstellen mit einem kleinen, handgeführten Schleifer ab und entfernte so die Grate.

Um bei gleichbleibendem Personaleinsatz die Fertigungskapazität zu steigern, entschloss sich Trench Germany, diesen aufwendigen Prozess so weit wie möglich zu automatisieren. Eine entsprechende Anlage existierte bis dahin jedoch nicht. Deshalb beauftragte Trench im Sommer 2020 die Potzi GmbH & Co. KG in Trainau bei Lichtenfels mit dem Bau einer Sondermaschine. Potzi entwickelt und fertigt maßgeschneiderte Anlagen aus einer Hand, auch Software erstellen die Spezialisten selbst und führen Inbetriebnahmen durch.

Herzstück dieser Applikation ist ein Industrieroboter mit sechs Freiheitsgraden, der anstelle des Werkers das Schleifgerät führt – und die Silikonspäne mithilfe einer schmalen Düse auch unmittelbar absaugt. Die zu säubernden Isolatoren werden dabei langsam gedreht, um das beste Ergebnis zu erzielen. Der Roboter wird präzise am Isolator entlanggefahren.

Die Anforderungen an die Entgratstation bei Trench waren besonders hoch: Die Anlage muss mit Baulängen zwischen 700 und 4.500 Millimetern sowie Durchmessern von 158 bis 440 Millimetern zurechtkommen. Die entsprechenden Werkstückmassen liegen zwischen 22 und 306 Kilogramm.

Die Sondermaschine muss einerseits den Entgratprozess automatisch bewältigen. Andererseits soll sie aber auch manuelle Nachbearbeitung ermöglichen – etwa um Lunker verfüllen zu können. Lunker sind kleine Löcher und unerwünschte Hohlräume, die während des Gussvorganges entstanden sind. Die Entgratstation wird daher beidseitig im Wechsel betrieben: Während auf der einen Seite ein Isolator noch automatisch bearbeitet wird, legt auf der anderen Seite ein Werker bereits letzte Hand an die Silikonrippen.

„Antriebe, die so breit gefächerte Anforderungen abdecken können, haben wir bei SEW-Eurodrive gefunden“, berichtet Stefan Götz, technischer Leiter bei Potzi. Für die Drehbewegung des Isolators sorgen pro Anlagenseite zwei Asynchronmotoren der Baureihe DRN von SEW-Eurodrive mit Spiroplan-Winkelgetrieben. Sie werden als Gruppenantrieb gefahren, einer der beiden Motoren meldet dabei die Position mithilfe eines Drehgebers zurück.

„Die zweite Applikation ist die Höhenverstellung der Isolatorenaufnahme“, führt Daniel Bautz, Leiter des technischen Büros Nürnberg von SEW-Eurodrive, aus. Auch hier sind auf jeder Seite der Anlage jeweils zwei Antriebe verbaut – in diesem Fall Synchronservomotoren der Baureihe CMP von SEW-Eurodrive. Sie sind wie die Antriebe der Drehbewegung mit Spiroplan-Winkelgetrieben sowie mit Absolutwertgebern ausgerüstet.

Gesteuert werden alle Antriebe durch den Frequenzumrichter Movidrive modular, einen modular aufgebauten Umrichter für zahlreiche Anwendungen: Zwei Einachsmodule aus dem Automatisierungsbaukasten Movi-C von SEW-Eurodrive versorgen im Gruppenbetrieb die Drehantriebe, während zwei Doppelachsmodule die Servoantriebe zur Höhenverstellung unabhängig voneinander regeln.

Gussgrate an einer Silikonhülle entfernen: Warum stören nur wenige Millimeter große Unebenheiten an einem vier Meter hohen Isolator? Tatsächlich können in Bereichen sehr hoher Spannungen bis 800 Kilovolt schon kleine Ungenauigkeiten fatale Konsequenzen haben – bis zum Ausfall einer ganzen Anlage. Der Grund sind mögliche Ableitströme, die auf der Oberfläche von Isolatoren entlangkriechen: die Ausbreitung eines zunächst schwachen Fehlerstroms, der das isolierende Material allmählich umgehen und auch verändern kann. Er muss so gut wie möglich unterbunden werden. Kriechströme entstehen vor allem durch Verunreinigungen auf der Oberfläche des Isolators wie Feuchtigkeit und Staubpartikel. Sie können allmählich eine Art leitfähigen Film bilden, der die Funktion des Isolators unterläuft. Im Extremfall drohen Entladungen oder gar Lichtbögen, die schwere Schäden zur Folge hätten. Als konstruktive Vorbeugungsmaßnahme wird die sogenannte „Kriechstrecke“ verlängert, also der Weg, den Ladungsträger auf der Oberfläche zurücklegen müssten. Daraus resultiert die typische Rippenstruktur von Isolatoren. Sie erfüllt gleichzeitig eine weitere Funktion: Die tellerartigen Vorsprünge bieten einen gewissen Schutz gegen Witterungseinflüsse. Gussgrate und Löcher hingegen würden das gewünschte Abperlen von Nässe und Schmutz auf der Silikonoberfläche verhindern und so die Bildung der gefährlichen Kriechströme begünstigen

Die Herausforderung für die Antriebslösungen habe in den sehr unterschiedlichen Trägheitsmomenten bestanden, die aus den breit gefächerten Baugrößen und Ausführungen der Isolatoren resultieren, so Bautz. „Eine Maschine dieser Art gab es zuvor noch nie.“ Entsprechend realisierte Potzi die Applikation in enger Abstimmung mit dem technischen Büro Nürnberg.

„Wir suchten einen zuverlässigen Lieferanten für diese komplexe Aufgabe, der uns auch bei der Berechnung und Auslegung der Antriebe gut unterstützen konnte“, berichtet Stefan Götz. „Schon nach dem Erstgespräch stand SEW für uns ganz oben auf der Liste – und wir haben unsere Wahl nicht bereut.“ Götz lobt die Qualität der Motoren und Umrichter aus Bruchsal. SEW-Eurodrive habe stets in kürzester Zeit reagiert und die Firma Potzi bei der Entwicklung der hochkomplexen Anlage unterstützt.

Eine Mammutaufgabe, denn auch die Software für die Sondermaschine musste von Grund auf neu geschrieben werden. Die Anlage steuert den Industrieroboter mit sechs Freiheitsgraden, Sicherheitseinrichtungen für den automatischen und den manuellen Betrieb und Laser als Positionierhilfen. Neben den Positionsgebern werden Kraftsensoren einbezogen.

Die Anlage lässt sich drahtlos über ein mobiles Panel steuern, an dem sich der Werker auch anmeldet. Die Daten des zu bearbeitenden Isolators werden mit Hilfe von Data-Matrix-Codes abgerufen. Der Mitarbeiter an der Maschine wird dann über das Panel durch jeden Arbeitsschritt geführt. „Das hat insgesamt super funktioniert“, berichtet Stefan Götz vom Sondermaschinenhersteller Potzi. „Wir sind sehr zufrieden mit der Maschine“, lobt auch Marcus Gutzer, Head of Operational Excellence bei Trench Germany. Die Entgratstation reduziere den Kosten- und Zeitaufwand wie gewünscht um rund 25 Prozent.

Mit den vier Bausteinen Frequenzumrichter Movidrive modular und Movidrive system, Steuerung Movi-C Controller, Engineering-Software Movisuite sowie weiteren Antriebskomponenten von SEW-Eurodrive erhalten Anwender einen vollständigen und durchgängigen Automatisierungsbaukasten. Er kann die jeweiligen Kundenforderungen hinsichtlich Leistungsbereich, Funktionalität und Bustopologie erfüllen.
Zu den Vorteilen von Movi-C zählt die vertikale Durchgängigkeit von der Steuerung bis zum Getriebemotor sowie horizontal durch alle Elektronikprodukte. Durchgängigkeit bedeutet auch die optimale Regelung unterschiedlichster Motortypen wie Asynchron-, Synchron- und LSPM-Motoren mit nur einem Umrichter. Mit dem Movi-C-Paket von SEW-Eurodrive lassen sich Einachs- oder Mehrachsapplikation auf Basis von standardisierten Applikationsmodulen realisieren.

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