Im Gossauer Kühlhaus herrscht sibirische Kälte

2022-09-23 21:39:18 By : Mr. Nathan mong

Im Kühlhaus in Gossau werden täglich tonnenweise Lebensmittel angeliefert und bei minus 28 Grad gelagert. Bald gibt es mehr als doppelt so viel Platz. Der Erweiterungsbau ist in wenigen Wochen abgeschlossen.

Pius Rechsteiner muss sich oft umziehen, wenn er an der Arbeit ist. Zuweilen sind Thermokleider und ein Thermoschutzanzug Pflicht. Denn sein Arbeitsplatz ist das Kühlhaus Neuhof am östlichen Rand Gossaus. Auf über 80 Meter Länge und 30 Meter Höhe verteilen sich Tausende von Lagerplätzen. Palettenweise werden an diesem frostigen Ort ­Produkte von anliegenden Lebensmittelproduzenten tief­kühlgelagert.

Im Sommer muss der Betriebsleiter besonders Obacht geben: Bevor er die Tiefkühlzone betritt, darf er nicht schwitzen. Rechsteiner sagt:

Erstaunlicherweise seien vergangene Sommer anspruchsvoller gewesen als der diesjährige. Die Trockenheit im Juni, Juli und August habe die Umstellung in die trocken-kalte Luft und zurück erleichtert.

So oder so ist Rechsteiners Job eine Herausforderung für Körper und Kreislauf. In der sogenannten Frischzone, wo die Paletten von den Lastwagen abgeladen werden, herrschen gerade einmal vier bis fünf Grad. Wenn man zu den Paletten in die Tiefkühlzone will, muss man sibirische minus 28 Grad aushalten.

Im Moment ist nicht überall im Gebäude frostig. Die bereits fertiggestellte Hülle verrät es zwar nicht, doch das Kühlhaus ist noch Baustelle. Dank der grossen Erweiterung, die diesen Herbst abgeschlossen werden soll, kann die Kühlhaus Neuhof AG künftig nicht nur 5700, sondern über 13000 Lagerplätze anbieten.

Bohrmaschinen und Winkelschleifer sind im Einsatz. Am vorderen Ende der Palettengasse spritzen Funken, am anderen wird gehämmert. Zwei bis drei Dutzend Bauarbeiter sind täglich auf der Baustelle, welche Rechsteiner eng betreut. In zirka einem Monat soll die Abkühlung beginnen. Zuerst auf null Grad, später auf die Betriebstemperatur. Die Gestelle und die Fördertechnik bestehen aus Metall, das sich mit der Abkühlung zusammenzieht. Ein Schockfrieren könnte das Material beschädigen, erklärt Rechsteiner.

Lebensmittel sollen rasche Abkühlung später erfahren. 60 Schockzellen stehen ab diesem Herbst zur Verfügung. Zudem gibt es in einem sogenannten Blocklager bald Raum für Paletten, die grösser sind als die Norm. Auf einer weiteren Etage werden in Zukunft Waren für Kunden zusammengestellt.

Mit der Erweiterung erlebt das Kühlhaus auch eine technische Aufwertung. Ein Teil des Strombedarfs wird bereits jetzt durch neue Fotovoltaikanlagen abgedeckt. Die Betriebsabwärme allerdings kann auch nach dem Umbau nicht vollumfänglich genutzt werden. «Im Winter gibt das Kühlhaus zu wenig Abwärme ab, im Sommer zu viel», lautet die einfache Erklärung. Einen grossen Teil der Abwärme braucht das Kühlhaus ohnehin selber. Über einen grossen Speicher auf dem Dach des Kopfbaus gelangt ein Teil der Wärme in die Räume für die Mitarbeiter sowie in den Boden. «Würden wir den Untergrund nicht heizen, hätten wir ein Problem», sagt Rechsteiner. Gefröre nämlich das Grundwasser unter dem Gebäude, würde das Kühlhaus durch die Eisbildung aus seiner Verankerung gerissen.

Einen grossen Teil seiner Arbeitszeit verbringt Pius Rechsteiner im Büro, im Leitstand. Mit zwei Mitarbeitern und einem Warenwirtschaftssystem (WWS) koordiniert er die Lagerung sowie den Umschlag der Paletten. Die Kunden, die in manchen Fällen Aktionäre der Kühlhaus Neuhof AG sind, können eigenhändig über das WWS, Anlieferungen an den Rampen reservieren. «Dank dieser Planung ist der Umschlag an unseren Rampen sehr effizient», sagt Rechsteiner.

Manchmal allerdings können die Europaletten zu schaffen machen. Die Holzkonstruktionen werden vor der Einlagerung zwar geprüft, doch können bereits leichte Beschädigungen Störfälle auslösen. Ragt etwa ein grosser Spiess hervor, spricht ein Sensor an. In solchen Fällen zieht sich Rechsteiner um und betritt die Gefrierzone.

Entlang der Regale sind 30-Meter-hohe Leitern mit je einem Stahlseil angebracht. Wer die Stufen zum Lagerplatz hinaufsteigen will, muss sich sichern. Ein Einsatz bei minus 28 Grad dauert maximal 90 Minuten. Und danach gehen Rechsteiner oder seine Kollegen jeweils in den Pausenraum, wo warme Getränke zur Verfügung stehen. Von diesem Angebot macht Pius Rechsteiner gerne Gebrauch. Und trinkt einen Kaffee mit Zucker.