Was das Kreislaufwirtschaftsgesetz für die Industrie bedeutet

2022-09-09 21:20:54 By : Ms. Amy Qian

Das Ende der Wegwerfgesellschaft – gefordert wird es schon lange. Mit der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes kommt Schwung in die Debatte. Deutlich weniger Abfall, mehr Reparatur und Wiederverwertung. Doch welche Pflichten gilt es zu erfüllen? Welche Lösungen und Geschäftsmodelle müssen entwickelt werden? Wir haben für Sie nachgefragt.

Klack – nichts passiert. Noch mal – klick, klack. Der Wäschetrockner bleibt dunkel. Nach einer gründlichen Untersuchung stellt der Techniker fest, dass ein Relais kaputt ist. Auf die Frage nach einer Reparatur ernte ich ein resigniertes Kopfschütteln. Ein neuer Trockner muss her, obwohl nur ein Bauteil nicht mehr funktioniert. So sollte es nicht laufen. So werden wertvolle Ressourcen zu Abfall und damit verschwendet.

Genau hier setzt das sogenannte Kreislaufwirtschaftsgesetz an. Es soll den Weg in eine Kreislaufwirtschaft ebnen, bei der Abfälle nach Möglichkeit reduziert und recycelt werden. Doch was sieht nun dieses Gesetz konkret vor? Victoria von Minnigerode ist Rechtsanwältin bei Rödl & Partner und tätig im Bereich des Energie- und Umweltrechts. In dieser Funktion berät und vertritt sie Kommunen, Energie- und Infrastrukturunternehmen sowie Industrie- und Gewerbeunternehmen in gerichtlichen wie außergerichtlichen Verfahren und bei der Vertragsgestaltung. Für uns hat die Rechtsanwältin die sechs wichtigsten Fragen zum Kreislaufwirtschaftsgesetz beantwortet.

Das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung – kurz KrWG – regelt auf Bundesebene zentrale Fragen des Abfallrechts. Ziel ist es, den Einsatz natürlicher Ressourcen zu fördern und bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen Mensch und Umwelt zu schützen. Zum einen geht es darum, Abfälle umweltverträglich zu entsorgen. Darüber hinaus fordert das Gesetz nun auch, dass im Lebenszyklus eines Produktes künftig Abfälle vermieden und wiederverwertet werden und die Produktverantwortung verschärft wird.

Auf europäischer Ebene legte bereits die im Jahr 2008 verabschiedete Abfallrahmen-Richtlinie eine Abfallhierarchie fest: Sie reicht von der Prävention über Wiederverwertung, Recycling, Verwertung für andere Zwecke bis zur Entsorgung. Mit der im Oktober 2020 in Kraft getretenen Novelle des KrWG hat Deutschland die EU-Abfallrahmenrichtlinien in nationales Recht umgesetzt.

Victoria von Minnigerode ist Rechtsanwältin bei Rödl & Partner und tätig im Bereich Energie- und Umweltrecht. (Bild: Rödl & Partner)

Das Recht der Abfallwirtschaft fällt unter die konkurrierende Gesetzgebung. Regelungen der einzelnen Bundesländer ergänzen und konkretisieren daher im Wesentlichen die vom Bundesgesetzgeber getroffene Regelungen des KrWG. Dessen Geltungsbereich erstreckt sich auf die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen sowie sonstige Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung.

Betroffen von den Regelungen des KrWG sind insbesondere diejenigen Unternehmen, die Abfall erzeugen, besitzen, sammeln, entsorgen und befördern. Aber auch solche, die im Rahmen ihrer Betriebsabläufe beispielsweise als Vertreiber, Lieferanten oder Hersteller Produktverantwortung im Sinne des KrWG tragen.

Die Produktverantwortung ist als zentrales Element des Verursacherprinzips im Kreislaufwirtschaftsrecht verankert. Das Gesetz verlagert die Pflichten in ein frühes Stadium der Produktion und will dafür sorgen, dass Abfälle gar nicht erst entstehen.

Erzeugnisse sollen möglichst so gestaltet sein, dass bei ihrer Herstellung und ihrem Gebrauch möglichst wenig Abfälle entstehen. Bei diesen soll sichergestellt werden, dass sie umweltverträglich verwertet oder beseitigt werden. Die Obhutspflicht ist Teil der Produktverantwortung. In Vertriebsabläufen ist demnach dafür zu sorgen, dass die Gebrauchstauglichkeit der hergestellten Erzeugnisse erhalten bleibt und diese nicht zu Abfall werden. Zu diesem Zwecke haben Produktverantwortliche betriebliche und organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Die Entsorgung kommt dabei als ultima ratio erst in Betracht, wenn es bei bestimmten Erzeugnissen nicht mehr möglich oder unzumutbar geworden ist, sie aufrecht zu erhalten oder anderweitig zu verwenden.

Zur Sicherung der Obhutspflicht sieht das KrWG eine Verordnungsermächtigung vor, mit der Hersteller oder Vertreiber für bestimmte Erzeugnisse verpflichtet werden können entsprechende Berichte zu erstatten. Diese beinhalten, wie ihre Erzeugnisse verwendet und entsorgt werden oder wie sie deren Verbleib regeln. Außerdem führen sie die getroffenen und geplanten Maßnahmen auf, wie sie die Obhutspflicht umsetzen. Wurde eine Obhutspflicht normiert, so kann der Verordnungsgeber ergänzend Betroffene verpflichten einen Transparenzbericht zu erstellen. Der Inhalt dieses Transparenzberichtes ist nicht allein auf Abfälle beschränkt. Vielmehr sollen auch Erzeugnisse wie die Produkte eines Herstellungsprozesses in allen Abschnitten des Produktlebenszyklus Gegenstand der Transparenzpflicht sein. Inhalt einer solchen Rechtsverordnung können darüber hinaus die Pflicht der Berichtsverfasser sein, ihre Berichte zu veröffentlichen.

Nach der Getrenntsammelpflicht sind Abfälle getrennt zu sammeln und zu behandeln, soweit dies erforderlich ist, die Grundpflichten der Kreislaufwirtschaft und zur Einhaltung der Rangfolge der Verwertungsmaßnahmen zu erfüllen. Hiervon betroffen sind insbesondere Erzeuger und Besitzer von Abfällen sowie deren Entsorger. In bestimmten Fällen ist es nicht erforderlich, Abfälle getrennt zu sammeln. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die getrennte Sammlung technisch nicht möglich oder aus Kostengründen unverhältnismäßig ist. Darüber hinaus regelt das KrWG die Pflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sowie diejenigen Abfallarten, die von ihnen getrennt zu sammeln sind. Insbesondere öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger sind daher veranlasst, ihre Abfallwirtschaftskonzepte daraufhin zu überprüfen, ob sie den aktuellen Anforderungen des KrWG genügen. Auch die Erzeuger und Besitzer von Abfällen sind unter Umständen gehalten, teure Maßnahmen zu ergreifen, um ihrer Getrenntsammelpflicht nachzukommen.

Der Pflichtenkatalog des novellierten KrWG zielt darauf ab, künftig verstärkt Abfälle zu vermeiden und Produkte wiederzuverwerten. Hersteller müssen daher das Ende des Produktlebenszyklus bereits bei der Entwicklung stärker berücksichtigen. Das KrWG erweitert die Grundpflicht der Produktverantwortung zu einer Obhutspflicht der Produktverantwortlichen für die von ihnen hergestellten und vertriebenen Erzeugnisse. Dabei bezieht sich die Obhutspflicht nicht allein auf das eigene Verhalten, sondern schließt auch mit dem Vertrieb beauftragten Dritte mit ein. Unternehmen sind also gehalten, Vorkehrungen zu treffen und Konzepte zu erarbeiten, wie sich Erzeugnisse behandeln, aufbewahren, transportieren und gegebenenfalls weiterverwerten lassen, um den Anforderungen des KrWG gerecht zu werden.

Zwar ist die neu geregelte Obhutspflicht lediglich eine latente Grundpflicht. Allerdings ist damit zu rechnen, dass künftig eine steigende Zahl produktspezifischer Verordnungen die Regelungen des KrWG flankieren und so die Komplexität steigern wird. Für Industrie und Fertigungsunternehmen wirkt sich dies erheblich auf ihre Betriebsabläufe und Produktpolitik aus. Auch künftige Informations- und Berichtspflichten lassen einen erheblichen Mehraufwand für die Betroffenen erwarten.

Es bleibt abzuwarten, wie die Obhutspflicht in Rechtsverordnungen und anderen speziellen Gesetzen ausgestaltet sein wird, wie dies beispielsweise mit dem Verpackungsgesetz, dem Batteriegesetz und dem Elektro- und Elektronikaltgerätegesetz bereits erfolgt ist. Für die betroffenen Industrie- und Produktionszweige können sich dabei unterschiedliche Anforderungen bezüglich des Inhalts sowie der Art und Weise der Wahrnehmung ihrer Produktverantwortung ergeben. Es ist jedenfalls damit zu rechnen, dass sich die Verpflichtungen auf bestimmte Warengruppen und solche Unternehmen beschränken werden, die eine bestimmte Umsatzschwelle erreichen.

Welche Pflichten im Einzelnen auf der Grundlage neuer Verordnungen zu beachten sind und mit welchen Sanktionen im Falle einer Pflichtverletzung jeweils zu rechnen ist, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Von Unternehmen wird zunehmend erwartet, dass sie die Verantwortung für die (globalen) Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit übernehmen und durch ihre eigenen Betriebsabläufe zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Für die Betroffenen empfiehlt sich daher, nicht erst sanktionsbewährte rechtliche Verpflichtungen abzuwarten, sondern die Anforderungen in bereits bestehende Systeme zu integrieren und aktiv Konzepte vorzubereiten. Dementsprechend sind Hersteller und Vertreiber von Produkten gehalten, die aktuellen Entwicklungen in der Gesetzgebung genau zu verfolgen. Hersteller und Vertreiber werden zukünftig verstärkt in der Verantwortung sein.

Für meinen Wäschetrockner kommen diese Anforderungen zu spät. Ansonsten wäre ihm auch sein früher Tod erspart geblieben, weil nur ein Relais ausgefallen ist. Sondern er könnte jetzt noch munter seine Runden drehen.

* Die Autorin arbeitet als Fachredakteurin „Management“ für die Vogel Communications Group.

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